Generationswechsel beim MTV
Malte Bösch aus Freiburg ist zurück im Leben und seit einer Woche Vorsitzender des Sportvereins
Daniel Berlin FREIBURG. Im Vorstand des MTV Freiburg hat sich ein Generationswechsel vollzogen. Den nunmehr 130 Jahre alten Nordkehdinger Sportverein führen seit der vergangenen Jahreshauptversammlung Menschen, von denen niemand älter ist als 50 Jahre. Georg Elfers (60) hat den Vorsitz an Malte Bösch (34) abgegeben.
Dass Malte Bösch den Vorsitz übernimmt, war vor Monaten zwar abgesprochen in der Vereinsspitze, stand seit Sommer 2012 allerdings wieder in den Sternen. Der 34-Jährige ist nach einem schweren Autounfall am 12. Juli froh, überhaupt noch am Leben zu sein. Bösch kam mit seinem Mercedes bei Regen von der Straße ab, verletzte sich am Kopf und an der Wirbelsäule und lag zwei Wochen lang im Koma. "In meinem Kopf war nichts ganz kaputt, aber es musste alles neu verstrickt werden", sagt Bösch heute. Er habe gesponnen. Jemand habe plötzlich den Stecker gezogen. Bösch hat an den Tag des Unfalls und die Tage danach keinerlei Erinnerungen. Zunächst vergaß der Freiburger sogar, dass er Fan des FC Bayern Münchens ist. In der Reha haben ihm die Experten und im Privaten seine Familie das Leben zurückgegeben. Bösch ließ sich von seinem Arbeitgeber wieder eingliedern, wurde im Februar beim Raiffeisen-Markt in Drochtersen wieder als Leiter angestellt, stieg als Ratsherr wieder in die Kommunalpolitik ein und schließlich wieder ins Auto. "Ich habe nichts geleistet", sagt Bösch. "Ich hatte nur einen Unfall und viel Glück." Für die Familie seien die Tage schwerer gewesen, als für ihn.
Ehrenamtlich gearbeitet hat Bösch seit er Anfang 20 ist. Mit 24 wurde er Chef der Fußballspielgemeinschaft Freiburg/Oederquart, später zweiter Vorsitzender beim MTV. Malte Bösch hat den eigenen Antrieb, Menschen zufriedenzustellen. "Wenn die Arbeit keiner macht, mache ich sie eben selbst", sagt er. So einfach ist das. Seine erste Amtshandlung als Vorsitzender des MTV wird wahrscheinlich das Organisieren eines geselligen Abends als Dankeschön für den alten Vorstand. Seine zweite kommt ein wenig unpopulärer daher. Aber in Zeiten knapper Kassen muss auch der MTV Freiburg Anfang des kommenden Jahres die Mitgliedsbeiträge erhöhen. Sein Vorgänger Georg Elfers hat bei den Mitgliedern schon vorgefühlt. Der ohnehin geringe Jahresbeitrag von 36 Euro für einen Erwachsenen soll moderat erhöht werden.
Georg Elfers wird die Zusammenkünfte der Charakterköpfe, der "Typen" im Vorstand, im Dachgeschoss seines Wohnhauses vermissen. "Wir haben immer alles gemeinsam erarbeitet", sagt Elfers. Er musste nichts fordern. Es lief von allein. Die Beschlüsse der Vereinsspitze verliefen immer einstimmig. Gingen die Ideen einmal auseinander, zeigten sich die Vorstandsmitglieder kompromissbereit. Seit 2003 war Elfers Chef des MTV. Bis zu seiner Wahl vor zehn Jahren hatte er bereits 20 Jahre Arbeit im Vorstand hinter sich. Bei seiner letzten Jahreshauptversammlung als Spitze des Vereins wurde ihm "warm ums Herz" und er konnte "die Tränen gerade noch verhindern".
"Der Generationswechsel muss sein", meint auch Dierk Boneß, der seit 1991 als Schriftwart im Vorstand saß. Die alten Säcke gehörten nicht mehr da hin, sagt er mit einem Lächeln. Trägheit habe sich eingestellt. Was die neuen Ideen anginge, sei die Arbeit zunehmend schwerer gefallen. Boneß ließ los, bevor die Unlust das Feuer ganz rausnimmt. Elfers und Boneß sagen beide, das Schöne sei, dass sie weiter zur "Familie gehören". Vielleicht als stille Berater mit viel Erfahrung im Hintergrund.
Malte Bösch findet im MTV Freiburg "gute Strukturen" vor. "Ich werde hier nichts umreißen", sagt er. Den Kampf gegen die schwindenden Mitgliederzahlen will er annehmen. Derzeit sind es gut 650 Organisierte in mehr als einem Dutzend Sparten. "Wir müssen offen sein für Neues und dürfen nicht mit wegsterben", sagt Malte Bösch. Die Leute sollen wegen der Gemeinschaft in den MTV eintreten, nicht unbedingt wegen des Sports. Ob Boßeln, Badminton oder Radfahren sei schließlich völlig egal.